Auskreisung

Im Jahr 2015 hat der Reutlinger Gemeinderat einen Antrag auf Gründung eines Stadtkreises Reutlingen beim Innenministerium des Landes Baden-Württemberg gestellt. Am 20. Dezember 2018 hat der Landtag mit großer Mehrheit in Bezug auf den Landkreis Reutlingen entschieden, dass am bestehenden Gebietszuschnitt festgehalten wird.

Mitgliederbefragung

Bereits im Juli 2015 haben wir dazu unsere Mitglieder befragt und freuen uns sehr, dass sich fast die Hälfte aller Mitglieder der CDU im Landkreis Reutlingen (im Stadtverband Reutlingen sogar über 60 %) beteiligt hat. Von 1.077 stimmberechtigten Mitglieder haben 510 ihre Stimme abgegeben, das entspricht 47,4 % (Stadt: 326 / 203 / 62,3 %; Rest-Kreis: 751 / 307 / 40,9 %). Die hohe Beteiligung an der Mitgliederbefragung zeigt, die CDU ist Mitglieder- und Mitmachpartei. Wir werden auch zukünftig bei zentralen Themen das Votum unserer Mitglieder einholen.

Im Folgenden werden die Ergebnisse im Detail für den Stadtverband Reutlingen, den „Rest-Kreis“ und als Gesamtergebnis für den Kreisverband Reutlingen dargestellt:

- Eine Antragstellung durch die Stadt Reutlingen beim Landtag von Baden-Württemberg zur Gründung eines Stadtkreises Reutlingen befürworten im CDU-Stadtverband Reutlingen 23 (11,3 %), 180 (88,7 %) lehnen diese ab.

- Eine Antragstellung durch die Stadt Reutlingen beim Landtag von Baden-Württemberg zur Gründung eines Stadtkreises Reutlingen befürworten im „Rest-Kreis“ (alle CDU-Stadt- und Gemeindeverbände im Landkreis Reutlingen ohne den CDU-Stadtverband Reutlingen) 12 (3,9 %), 295 (96,1 %) lehnen diese ab.

- Eine Antragstellung durch die Stadt Reutlingen beim Landtag von Baden-Württemberg zur Gründung eines Stadtkreises Reutlingen befürworten im CDU-Kreisverband Reutlingen (Gesamtergebnis) 35 (6,9 %), 475 (93,1 %) lehnen diese ab.

Folgende Gründe sprechen aus unserer Sicht gegen eine Zweiteilung des Landkreises Reutlingen in einen Stadtkreis und einen Restkreis:

1. Stadt und Landkreis können nur gemeinsam erfolgreich in die Zukunft gehen. Die Risiken bei einer Aufteilung von Berufsschulen, Kreiskliniken und Kreissparkasse wurden weder finanziell noch strukturell ausreichend im Ergebnisbericht der Stadt berücksichtigt.

2. Viele Fragen einer Zweiteilung können vom Landesgesetzgeber längst nicht abschließend geregelt werden. Ohne langwierige Verhandlungen zwischen Stadt- und Landkreisverwaltung geht es nicht. Die beiden Verwaltungen sind dann mehr mit sich selbst als mit den Anliegen der Bürger befasst.

3. Die zahlreichen staatlichen unteren Verwaltungsbehörden, die im Zuge der Verwaltungsreform 2005 den Landratsämtern eingegliedert wurden, müssten im Prinzip aufgeteilt werden. Somit würden kostspielige Doppelstrukturen nicht ab, sondern neu geschafft.

4. Einige dieser staatlichen unteren Verwaltungsbehörden, wie z.B. die jetzigen Kreisämter für Gesundheit, Veterinärwesen, Landwirtschaft, Bundes- und Landesstraßenbau, Umweltamt u.a. können überhaupt nicht, zumindest nicht sinnvoll geteilt werden, zumal in diesen Bereichen vielfach Spezialisten als Landesbeamte tätig sind. Die kleineren Stadtkreise sind deshalb schon bisher gezwungen, insoweit die Fachdienste der Landratsämter in Anspruch zu nehmen. Die Forderung „alles aus einer Hand“ ist somit nicht erreichbar. Der Ergebnisbericht der Stadt räumt dies auch ein und verweist in vielen Fällen auf die Notwendigkeit von Vereinbarungen mit dem Restlandkreis.

5. Insgesamt gesehen bringt eine Zweiteilung für den Steuerzahler in der Regel eine Mehrbelastung, denn die Sach- und Personalkosten sind nach allen Erfahrungen umgerechnet auf den Bürger höher als bei der größeren und damit meist rationellen Einheit.

6. Auch aus diesen Gründen besteht bundesweit eine klare Tendenz zu wesentlich größeren Kreisen, die Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bereits geschaffen haben und Brandenburg derzeit plant. Nicht nur aus Kostengründen, sondern auch wegen steigenden Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden, werden andere Länder über kurz oder lang folgen und Gebietsreformen durchführen.

7. Bei einer Neugliederung hätten ein Stadtkreis Reutlingen und besonders ein kleiner Restkreis mit zwei Exklaven, die sonst bei der Gebietsreform von 1973 weitestgehend abgeschafft wurden, keine gute Ausgangsposition – jedenfalls eine schlechtere als der heute im Regierungsbezirk größte und angesehene Landkreis Reutlingen mit dem kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum Stadt Reutlingen.

8. Bei der Bildung von Stadtkreisen spielten Begriffe wie „Reichstadt“ oder „Großstadt“ ebenso wenig eine Rolle wie eine Einwohnerzahl von über 100.000. Es gibt bundesweit noch immer ein paar Stadtkreise mit deutlich weniger Einwohner. Auf der anderen Seite, besonders in Nordrhein-Westfalen, aber auch kreiszugehörige Städte, die deutlich größer sind.

9. Stadtkreis bedeutet, dass ein solcher wie die Landratsämter auch auf unterer Ebene Verwaltungsaufgaben des Landes wahrzunehmen hat und deshalb insoweit voll weisungsgebunden ist. Eine Erweiterung kommunaler Gestaltungsspielräume der Stadtkreise ist somit kaum ersichtlich. Eine Beteiligung an Unternehmen des Kreises wäre auch ohne Begründung eines Stadtkreises Reutlingen möglich, sofern das notwendige Kapital aufgebracht werden kann.

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